5 fatale No-Gos bei der Katzenzusammenführung

Eine weitere Katze soll einziehen – da werden die anderen sich aber freuen! Wirklich?

Nicht unbedingt. Mal ehrlich: wenn bei uns jemand neu einziehen soll, wie würden wir vorgehen? Die Auswahl jemand anderen treffen lassen, der irgendwann zur Tür reinkommt und sagt: schau‘ mal, ich hab‘ hier jemanden mitgebracht, der zukünftig bei uns leben wird???

Wohl eher nicht… Aber genau so gehen viele Menschen vor, was ihre Katzen angeht.

Lies in diesem Blogartikel 5 Mythen zum Thema Katzenzusammenführung – damit Du weißt, worauf Du besser verzichten solltest!

Neuzugang abholen, Transportbox auf und los geht’s!

Dieses No-Go steht an allererster Stelle, weil… unglaublich viele Menschen es genau so machen!!! Warum? Weil dieser Mythos weit verbreitet durchs Netz geistert und auch manche Tierärzte diese Vorgehensweise empfehlen.

Gerade kürzlich habe ich einen Hilferuf erhalten. Der Tierarzt hatte der Halterin empfohlen, die Transportbox zu öffnen, damit die Katzen sich so kennenlernen können.

Was soll ich dazu sagen? Es gibt viele Fälle, in denen es genau so funktioniert. Bei meinen Kolleginnen und mir „landen“ aber die Menschen, bei denen es auf diese Weise zu teilweise ernsthaften Schwierigkeiten zwischen den Katzen kommt!

Für die Katzen kann das ganz, ganz böse enden und Du erfährst jetzt, warum das so ist.

Der Neuzugang kommt sehr wahrscheinlich extrem gestresst im neuen Zuhause an. Vielleicht liegt eine lange Fahrt hinter ihm, eingesperrt in einer Box. Vielleicht hat er schlimme Erfahrungen gemacht und ist deshalb noch völlig traumatisiert. Vielleicht hat er noch nie mit anderen Katzen zusammengelebt oder ist in einer Katzengruppe immer verprügelt worden.

Plötzlich wird die Transportbox abgestellt und aufgemacht und zwei oder mehr Katzen-Augenpaare starren ihn an. Und jetzt hat diese arme Katze ein großes Problem: sie kann nirgendwo hin! Sie sitzt möglicherweise mit Todesangst in der Box und kann gar nichts machen. Vielleicht versucht sie noch, sich ihr Gegenüber durch Fauchen, Knurren oder Schlagen vom Leib zu halten, aber mehr Möglichkeiten hat sie nicht. Versetz‘ Dich in die Lage dieser Katze: grauenvoll, oder?

SZENENWECHSEL:

Eine Katze liegt gemütlich auf ihrem Lieblingsplatz und döst vor sich hin. Plötzlich steht auf dem Boden eine Transportbox und eine Katze kommt raus. WAS UM HIMMELS WILLEN IST DAS????? Jetzt marschiert die auch direkt durch ihr Revier, hüpft aufs Sofa, klettert auf den Kratzbaum und bedient sich auch noch am Futter! Und jetzt, ach Du meine Güte, nähert sie sich der eben noch dösenden Katze und haut ihr erstmal auf den Kopf, um sich dann selbst auf dem Lieblingsplatz niederzulassen! Völlig verunsichert und verängstigt verlässt die eben noch entspannte Katze ihren Lieblingsplatz und verkriecht sich unterm Bett im Schlafzimmer.

DAS wollen wir doch auch nicht, richtig???

In beiden Fällen haben die Katzen keinen guten Start und ganz ehrlich: daran sind wir Menschen schuld. Punkt. Vielleicht haben wir es jetzt einfach vermasselt, weil die Katzen sich keine 2. Chance geben. Und das kommt leider öfter vor, als man denkt.

Wir bauen eine Gittertür ein!

Wir bauen eine Gittertür für ein paar Tage ein, dann können die Katzen sich kennenlernen. Dann machen wir die Tür auf und alle sind friedlich!

Grundsätzlich ist das schon einmal eine viel bessere Idee, als einfach die Transportbox zu öffnen. Die Katzen haben keine Möglichkeit, aufeinander loszugehen und man beugt Verletzungen vor. Das ist schonmal richtig gut. ABER: es ist u. U. nicht damit getan, eine Barriere einzusetzen und zu hoffen, dass nach ein paar Tagen alles prima ist und man die Tür wieder in den Keller verbannen kann. Das ist durchaus möglich, aber es funktioniert nicht immer. Manchmal braucht es mehr. Wir wollen ja ein schönes Kennenlernen ermöglichen, was heißt, dass wir Begegnungen an einer Gittertür positiv gestalten mit dem Ziel, dass die Katzen lernen, dass es ganz schön toll ist, dass da jetzt jemand Neues eingezogen ist.

Überlassen wir die Katzen mit der Gittertür sich selbst, besteht auch dort die Gefahr, dass eine Katze z. B. an die Gittertür springt und dadurch die andere Katze so verschreckt, dass sich diese lieber weit entfernt davon aufhält, weil sie Angst hat. Öffnen wir dann die Tür, haben wir nicht wirklich viel gewonnen…

Jeder nimmt eine Katze auf den Arm

…dann können sie sich beschnuppern und kennenlernen!

Auch dieser „Tipp“ begegnet mir immer mal wieder. Das ist keine gute Idee, weil:

  • viele Katzen nicht festgehalten und hochgenommen werden möchten,
  • die Katzen keine Möglichkeit haben, über ihre Körpersprache mit der anderen Katze zu kommunizieren,
  • weil es gefährlich für den Menschen sein kann, wenn die Katzen ihre Krallen ausfahren oder beißen!

Katzen kommunizieren über ihre Körpersprache, also über Augen, Ohren, Schnurrhaare, Körperhaltung usw. Halten wir sie auf dem Arm, ist es ihnen nicht möglich, der anderen Katze auf ihre Weise mitzuteilen, was sie von ihr hält oder was ihr Bedürfnis ist. Und außerdem kann sie ihrem Wunsch, wenn dieser z. B. Flucht ist, nicht nachgehen, weil wir sie festhalten.

Auch hier wird schnell klar, dass das kein guter Start für eine Katzenbeziehung ist, zumal wir uns über solche Aktionen auch selbst in Gefahr begeben und u. U. beim Notarzt landen. Denn mit Katzenbissen ist nicht zu spaßen!

Die müssen die Rangfolge unter sich klären!

Hast Du das auch schon mal gehört? Was genau bedeutet das bei Zusammenführungen? Nun, es kann z. B. so aussehen:

Die neue Katze kommt an und wir schauen mal, was passiert. Upps, die jagen sich ja wie verrückt! Und es fliegen Fellbüschel umher! Und liegt da nicht eine Kralle auf dem Boden??? Und jetzt hat eine der Katzen auch noch unters Bett gemacht!

Gar nicht schön, aber was soll man machen, da müssen die Katzen jetzt einmal durch und klären, wer der Boss ist!

Während ich das schreibe, wird mir schon ganz anders und Dir beim Lesen bestimmt auch.

So sollte keine Zusammenführung ablaufen, weil:

  • es unter Katzen keine feste Rangfolge gibt,
  • es ein denkbar schlechter Start für eine Katzenbeziehung ist,
  • eine Katze u. U. derart traumatisiert wird, dass sie professionelle Unterstützung braucht,
  • kein Mensch direkt am ersten Tag beim tierärztlichen Notdienst aufschlagen möchte, weil NATÜRLICH Wochenende ist…

In Katzengruppen gibt es in der Regel keine festen Hierarchien. Natürlich haben wir es immer mit unterschiedlichen Charakteren zu tun. Da gibt es Samtpfoten, die sehr deutlich zeigen, was sie wollen, unser Clärchen zähle ich dazu. Unsere Helli ist eher zurückhaltend und weicht freiwillig, wenn ihr Clärchen zu Nahe kommt. Sie hat einfach keine Lust auf Auseinandersetzung. Aber es gibt Situationen, in denen Helli durch Knurren sehr klar und nicht bereit ist, den Schmuseplatz in meinem Arm zu verlassen. Meist trollt Clärchen sich dann und legt sich ein Stück weiter weg.

Das zeigt deutlich, dass nichts in Stein gemeißelt ist und es immer darauf ankommt, wie wichtig einer Katze gerade eine bestimmte Ressource ist.

Wenn es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Katzen kommt, sollten wir diese keinesfalls „laufen“ lassen! Zum einen können ernsthafte körperliche Verletzungen daraus resultieren und zum anderen – ich wiederhole mich – verringern solche Kämpfe sehr stark die Chancen darauf, dass später ein friedliches Zusammenleben möglich ist! Der Grund ist klar: bei Katzen wie bei uns Menschen bleiben negative Ereignisse lange haften und eine gejagte Katze wird immer versuchen, nicht wieder in eine solche Situation zu kommen, in dem sie sich in einer Wohnung beispielsweise Verstecke sucht, in denen sie sich sicher fühlt.

Eine angreifende Katze lernt aus einer solchen Jagd, dass der Gejagte wegrennt, wenn sie ihn vertreibt. In der Natur ist das natürlich deutlich einfacher, da steht genug Raum zur Verfügung. In Wohnungen sorgt die räumliche Begrenzung für zusätzliche Probleme…

Bei der Gelegenheit ein Hinweis: Eine angreifende Katze ist nicht zwingend „dominant“ oder der „Aggressor“. Manche Katzen lernen einfach, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Die andere Katze rennt weg, was für mehr Distanz sorgt. Und Distanz ist ganz häufig das Ziel einer angreifenden Katze…

Hier greife ich dann direkt einen Mythos auf, der in die gleiche Richtung abzielt:

Wir lassen die Katzen in einem Raum zusammen und dann vertragen sie sich schon. Das klappt im Tierheim ja auch.
Na ja, das Tierheim ist aber auch eine Ausnahmesituation, oder?

Du weißt jetzt schon, dass das keine gute Idee ist, weil natürlich die Fluchtmöglichkeiten in einem einzigen Raum quasi gleich null sind. Die Katze, die um ihr Leben fürchtet, weil sie angegriffen wird, hat keinerlei Chance, sich der Situation zu entziehen.

Stell‘ Dir vor, Du bist mit jemandem in einem Raum eingesperrt und Ihr könnt nicht raus. Nun wirst Du ständig geschubst, bekommst Ohrfeigen, wirst angeschrien. Und nach mehreren Stunden wird die Tür aufgemacht und man erwartet, dass Ihr Freunde seid. Und? Seid Ihr? Ich vermute nicht…

Und genauso wenig können Katzen eine gute Beziehung aus einer solchen Situation heraus aufbauen.

Wir locken die Katzen über Futter zusammen

…denn wer zusammen frisst, versteht sich!

Auch das höre ich sehr häufig in meinen Beratungen. „Beim Fressen gibt es überhaupt keine Probleme, aber sonst mögen sie sich gar nicht!“

Hier zunächst ein grundsätzlicher Tipp, wenn mehrere Katzen in einem Haushalt leben:

Katzen haben in der Regel gern Abstand beim Fressen zur Partnerkatze. In der Natur jagen und fressen Katzen allein, sie sind keine Rudeltiere. Und diesem Umstand können wir auch in unserem Zuhause Rechnung tragen, indem wir die Futterplätze räumlich auseinanderstellen. Das müssen jetzt nicht 10 m sein, aber wenn einer in einer Ecke oder der andere in einer anderen Ecke futtert, kann das zur Entspannung beitragen.

Wir machen es so, dass Helli einen erhöhten Futterplatz hat, weil sie sich dort sicherer fühlt. Mittlerweile kann Clärchen nicht mehr springen, aber früher haben wir immer ein Auge darauf gehabt, dass unser kleiner Staubsauger sich nicht auch noch das Futter von Helli „organisiert“. Manchmal haben wir beim Füttern einfach eine Tür zugemacht, so hatte niemand Stress.

So, zurück zum Thema, warum man Katzen nicht übers Futter zusammenlocken sollte:

Stell‘ Dir vor, Du wurdest auf eine einsame Insel gebracht. Dein Erzfeind ist auch da und noch ein paar andere Menschen. Ihr bekommt auf dieser Insel an einer Stelle 2 x am Tag etwas zu essen, ansonsten gibt’s auf der Insel nur giftige Beeren und nichts Essbares. Was würdest Du tun? Würdest Du Dich zu den festen Zeiten an der Essensausgabe einfinden, obwohl Du weißt, dass Dein Erzfeind auch da sein wird? Ich denke schon, denn ansonsten läufst Du Gefahr zu verhungern oder zu verdursten. Du wirst aber sicherlich nicht sehr entspannt sein, vermute ich. Du hättest vielleicht auch Sorge, dass Dein Erzfeind Dir Dein Essen klaut und Dich vermöbelt. Alles in allem keine schönen Rahmenbedingungen für so etwas Wichtiges wie Nahrungsaufnahme…

Unseren Katzen geht es ähnlich. Erst, wenn die Angst zu groß ist, trauen sie sich nicht mehr aus ihren Verstecken hervor und kommen gar nicht mehr zum Futterplatz. Bis dahin versuchen sie es immer wieder und hoffen, ihrem Angstgegner nicht zu begegnen. Dabei ist es auch unerheblich, ob eine reelle Gefahr von ihm ausgeht oder eben nur eine gefühlte.

Wenn eine Katze Angst vor einer anderen hat, ist der Wunsch nach Distanz sehr groß. Locken wir die Samtpfoten jetzt über Futter zusammen, bringen wir sie in einen Konflikt: sie möchte fressen, aber sie möchte auch Abstand zur anderen Katze – was also tun?

Fazit:

Wir legen mit der ersten Begegnung der Katzen den Grundstein für ein hoffentlich langes und harmonisches Zusammenleben. Ist es da nicht mehr als fair, dass zum einen der Katzenneuzugang erst einmal in Ruhe ankommen und unbehelligt sein neues Zuhause erkunden darf, während die bereits bei uns lebende Samtpfote die Gelegenheit bekommt, sich langsam mit dem neuen Partner vertraut zu machen? Dann sind wir Menschen gefordert, die erste Begegnung gut vorzubereiten und zu gestalten und den Samtpfoten Zeit zum vorsichtigen Kennenlernen zu geben.

Mögen immer mehr Menschen sich in ihre Samtpfoten hineinfühlen und ihnen ein vorsichtiges und gut geplantes Kennenlernen ermöglichen!

In einer Verhaltensberatung für Katzen bekommst Du wertvolle Tipps, wie Du Deine Samtpfoten auf sanfte Weise aneinander gewöhnst – für eine hoffentlich lange und glückliche Katzenbeziehung!

Wie sind Deine Erfahrungen zu diesem wichtigen Thema? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

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